Ich sehe dich!

Willkommen in einer utopischen Gesellschaft! Behinderung und Sexualität!

Laut Wikipedia …. steht „Ich sehe Dich“ für: „Ich verstehe dich. Ich sehe dich mit meinem Herzen. Ich sehe alle deine Anteile, auch die versteckten.“

Die Vorstellung in einer Gesellschaft zu leben, die Individuen mit allen Stärken, Schwächen, guten und schlechten Anteilen wahrnimmt und diese als Lebensbestandteil zulässt. Erstrebenswert …. aber utopisch? Oder?!

Sehen sie den Bezug zum Thema Inklusion, zur Teilhabe von Menschen mit Be­hinderung? Unsere Gesellschaft erkennt „dieses sehen“ wohl noch lange nicht. Sätze wie: “Men­schen mit Behinderung haben keine Sexualität“, „sie kennen das doch gar nicht“, „mit Aufklärung weckt man nur schlafenden Hunde“ usw. keine Überraschung oder gar Besonderheit, sondern sie verdeutlichen den gesellschaftlichen Standpunkt auf dem Weg zur Teilhabe von Menschen mit Behin­derung. Denn bei allem Bestreben nach Teilhabe und Inklusion wird Menschen mit Behinderung oft noch das Grundsätzlichste abgesprochen – sexuelle Bedürfnisse. Dabei sind wir alle sexuelle Wesen. Menschen mit Behinderung haben in Bezug auf Sexualität und Beziehungen die gleichen Bedürfnisse und Wünsche. Jedoch zeigt die Realität oft, dass Sexualität und Behinderung doppelt tabuisiert ist. Angst, Scham, Unwissenheit und Grenzverletzungen sind gängige Assoziationen im Kontext von Behinderung und Sexualität. Sexualität als Bereicherung des Lebens, wird Menschen mit Behinderung oft verwehrt und abgesprochen – weil Menschen ohne Behinderung es sich „nicht vorstellen können“ oder gar selbst Sexualität als Tabuthema erleben.

Versuchen wir also Lernen zu “sehen“ und zwar alle Menschen, mit ihren Bedürfnissen, ja auch den sexuellen. Erkennen wir, dass es mehr als Genitalsexualität gibt, das Identitätsbildung, Vertrautheit, Körperkontakt, Berührungen, Nähe, Selbstwertgefühl usw. Ausdruck von Sexualität sein können. Üben wir uns den Menschen mit Behinderung eine Sexualität zu ermöglichen. Bewirken wir durch Aufklärung auch Menschen mit Behinderung einen gesunden Umgang mit den eigenen Bedürfnissen und ein Kennenlernen des eigenen Körpers. Befähigen wir sexuelle Befriedigung durch Sexualbegleiter*innen, lehren wir einander den eigenen Körper zu schützen und Missbrauch vorzubeugen und alle Anteile eines Menschen zu „sehen“. Beziehen wir bei der Förderung und Begleitung von Menschen mit Behinderung die Sexualität immer mit ein und bauen wir auf dieses Fundament des Menschseins, inklusive Wohnprojekte oder Arbeitgebermodelle, so stärken wir die persönlichen Rechte und die Selbstbestimmtheit von Menschen mit Behinderung und lernen Teilhabe.

 

Verfasst von Sandra Heer-Lüer

 

Text in Leichter Sprache:

Sexualität für alle Menschen

Sexualität ist ein wichtiges Thema
für alle Menschen.
Auch für Menschen mit Behinderung.
Dieses Thema gehört auch zu Inklusion.
Genauso wie zum Beispiel das Wohnen
von Menschen mit Behinderung
und Menschen ohne Behinderung
in einer gemeinsamen Wohnung.

Inklusion bedeutet:
Alle Menschen sollen überall
dabei sein können.
Egal,
ob sie eine Behinderung haben oder nicht.
Leider sehen viele Menschen
in der Gesellschaft das noch anders.

 

Was ist Sexualität?

Sexualität bedeutet zum Beispiel:
Menschen dürfen lieben,
wen sie wollen.
Das heißt zum Beispiel:

  • Es gibt Männer,
    die Männer lieben.
  • Es gibt Frauen,
    die Frauen lieben.
  • Es gibt Männer,
    die Frauen lieben.
  • Es gibt Frauen,
    die Männer lieben.

Sexualität bedeutet aber
noch viel mehr als Liebe.
Auch Kuscheln gehört
zum Beispiel zur Sexualität.
Genauso wie Küssen und Sex.

 

Was denken viele Menschen ohne Behinderung
über Sexualität bei Menschen mit Behinderung?

Viele Menschen ohne Behinderung denken,
dass Menschen mit Behinderung
keine Sexualität haben.
Manche Menschen ohne Behinderung glauben auch,
dass Menschen mit Behinderung
keine Sexualität kennen.
Oder dass es nicht wichtig ist,
Menschen mit Behinderung Sexualität zu erklären.

Ist das richtig?

Nein, natürlich ist das nicht richtig.
Menschen mit Behinderung haben genauso
den Wunsch nach Sexualität
wie Menschen ohne Behinderung.
Auch Menschen mit Behinderung
haben zum Beispiel Sex.

Deshalb ist es natürlich auch
für Menschen mit Behinderung wichtig,
alles über Sexualität zu wissen.

Zum Beispiel:

  • Welche Arten von Sex gibt es?
  • Was ist die Periode?
  • Wie kann eine Person schwanger werden?
  • Warum wird bei Jugendlichen die Stimme tiefer?

Dazu sagt man: Aufklärung.

Es ist für alle Menschen wichtig,
den eigenen Körper kennenzulernen.
Auch das gehört zur Sexualität.
Es gibt die Möglichkeit,
Menschen mit Behinderung
bei ihrer Sexualität zu unterstützen.

Zum Beispiel durch Sexual-Begleitung.
Sexual-Begleitung ist ein Beruf.
Sexual-Begleitung muss man bezahlen.

Zur Sexual-Begleitung gehört zum Beispiel

  • streicheln
  • kuscheln
  • zum Höhepunkt bringen

Zur Sexual-Begleitung gehört nicht:

  • miteinander schlafen,
  • küssen,
  • mit dem Mund befriedigen.

Was muss sich ändern?

Viele Menschen ohne Behinderung
können sich nicht vorstellen,
dass Sexualität für Menschen mit Behinderung
auch wichtig ist.

Manche Menschen ohne Behinderung
haben auch Angst vor dem Thema Sexualität.
Oder sie schämen sich dafür.

Wir müssen verstehen und Respekt zeigen::
Alle Menschen haben ein Recht auf Sexualität.
Auch Menschen mit Behinderung.
Dann können Menschen mit Behinderung
auch in diesem Bereich selbstbestimmt leben.
Das bedeutet:
Sie können selbst
über ihre Sexualität entscheiden.